Pressemeldung vom 30.09.2021 Jahresergebnis der Gablonzer Industrie ====================================== Jahresergebnis 2020 der Gablonzer Industrie Gemeinsame Rede der Vorstandsvorsitzenden Wolfgang Schnabel und Peter Seibt in der Generalversammlung des Bundesverbands der Gablonzer Industrie am 30. September 2021 Sehr geehrte Damen und Herren, Die Corona-Krise ist schwerwiegend und durchdringend. Natürlich und in ganz besonderer Weise hat die Pandemie tiefe Spuren hinterlassen. Unsere Betriebserhebung weist eine Umsatzentwicklung von -6,4% für die gesamte Gablonzer Industrie aus. Ehrlich gesagt ist der Wert deutlich moderater, als wir erwartet haben. Die Stimmung schien in manchen Unternehmen sehr schlecht. Die Coronafolgen haben Unternehmen in schwerwiegenden Fällen sogar existenziell belastet - so war unser Eindruck in vielen Gesprächen. Wenn man sich die Aufteilung der Zahlen nach Inlands- und Auslandsumsätzen ansieht, wird dieser Eindruck bestätigt. Insbesondere ist der Inlandsumsatz massiv eingebrochen. Das kann nicht wirklich überraschen, denn insgesamt war das Konsumverhalten deutlich schlechter als vor der Corona-Pandemie. Für das Geschäftsfeld Modeschmuck müssen wir feststellen, dass durch die gesetzlichen Einschränkungen nahezu der komplette Vertriebsweg stillgelegt wurde. Es begann mit dem Verbot von Messen und ging weiter zur Schließung des Einzelhandels. Somit konnte im Wesentlichen auch kein Großhandel stattfinden. Erschwerend belastete die Absage von Volks- und Trachtenfesten und die faktisch vollständige Aussetzung touristischer Reisen die schon angespannte Lage zusätzlich. Verminderte Einkommen durch Kurzarbeit und die Angst sich anzustecken, bremsen bis heute die Kauflaune und verschärfen die Krise. Unser Gesamtwert ist in diesem Jahr aber mit besonderer Vorsicht zu genießen. Denn die Erhebung zeigt besonders deutlich, dass die Situation in den Unternehmen noch weniger vergleichbar ist als üblich. Das ist auch die Erklärung für das scheinbar moderate Gesamtergebnis. Die Streuung der zurückgemeldeten Antworten liegt noch weiter auseinander als in anderen Jahren. Die Daten zeigen aber auch, dass es neben den Unternehmen, die bis an die Existenzgrenze von der gegenwärtigen Krise belastet sind, auch Unternehmen gibt, die nicht nur mit einem blauen Auge durch diese Zeit kommen, sondern sich sehr gute Jahresergebnisse erarbeiten konnten. Zum Teil konnten Unternehmen neue Geschäftsbereiche aufbauen, die sich sehr genau an den Bedürfnissen der aktuellen Krise orientierten. Zum anderen wurden bestimmte Produkte und Warengruppen verstärkt nachgefragt. Hier sind vor allem technische Baugruppen zu nennen, die in den Bereichen Maschinenbau, Fahrzeugindustrie und Lüftungstechnik zum Einsatz kommen. Unter anderem konnte es so gelingen, Einbrüche auf der einen Seite durch Zuwächse auf der anderen Seite nicht nur zu kompensieren, sondern auf Unternehmensebene in ein erfolgreiches Jahresergebnis umzusetzen. Selbstverständlich wirkt sich dieser Umstand auch positiv auf unser Gesamtergebnis aus. Deshalb ist es nun Zeit, sich die Auswirkungen der Coronakrise auf die Gablonzer Industrie genauer anzuschauen: In einer Umfrage unter den Mitgliedsunternehmen haben wir gefragt: „War ihr Unternehmen von negativen Folgen der Coronakrise betroffen?“ und 83% der Antworten lautete: JA! Schauen wir einmal genauer hin… 75% der Befragten geben an, von Messeabsagen betroffen gewesen zu sein. 58% waren von Auftragsrückgängen betroffen und bei immerhin 33% kam es zu Unterbrechungen der Lieferketten. Von Zahlungsausfällen oder Insolvenzen auf der Kundenseite waren zum Glück nur 8% der Befragten betroffen. Die Frage „Gab es Auswirkungen auf die Mitarbeiter?“ beantwortet eine deutliche Mehrheit mit ja. Wenn man sich das einmal genauer anschaut, dann stellen wir fest, dass 58% der Betriebe Kurzarbeit angemeldet haben, bei der Hälfte aller Befragten besteht diese Kurzarbeit noch fort. Aber es gab nach unserer Erhebung in den Mitgliedsunternehmen keine Entlassungen von Mitarbeitern. Das ist eine gute Nachricht und sicherlich auch Ausdruck der Effizienz der aktuellen Regelungen für Kurzarbeit. Dann wollten wir wissen: „War ihr Unternehmen von Infektionen betroffen?“ Darauf antworteten uns 42% mit ja. Deshalb haben wir nachgefragt, wie die Unternehmen bzw. die Mitarbeiter davon betroffen waren. Diese Frage ergab, dass es nur in 17 % der Unternehmen zu Erkrankungen von Arbeitnehmern gekommen ist. Aber 42% der Befragten gaben an, dass Mitarbeiter in Quarantäne mussten. Diese Zahlen stützen die Aussage, dass Unternehmen keine Pandemietreiber waren und die Infektionen in vielen Fällen von außen in die Betriebe hineingetragen wurden. Das bestätigen Unternehmer auch immer wieder in Gesprächen. Zum Schluss wollten wir noch wissen, wie die Unternehmen mit den staatlichen Hilfsangeboten umgegangen sind. 75% der Befragten haben angegeben, dass sie Coronahilfen beantragt haben. Und alle, die Hilfsgelder beantragten, haben sie auch erhalten – das ist gut. Aber nur 50% geben an, dass die Zahlungen ihnen wirksam geholfen haben. Auf andere Hilfen - wie zum Beispiel LfA-Kredite und ähnliches - haben weniger als 10% der Unternehmen zurückgegriffen. Mehrere Unternehmen haben darüber hinaus angegeben, dass vor allem Preissteigerungen im Bereich Energie und Rohstoffe die Situation zusätzlich belastet haben. Aus dem Bereich Digitalisierung - zum Beispiel durch Einrichtung von Home-Office, verstärktes Online-Marketing und ähnlichen Initiativen - haben nur wenige Unternehmen zusätzliches Potenzial schöpfen können. Einerseits hat die Einrichtung von Home-Office-Arbeitsplätzen das Infektionsrisiko in den Unternehmen reduziert und die Betriebe im Fall des Falles arbeitsfähig gehalten. Andererseits musste häufig zunächst viel Aufwand betrieben werden, um diese Arbeitsplätze einzurichten. Und trotz verstärkten Online-Marketings war die Kaufzurückhaltung im Bereich der Konsumgüter deutlich spürbar. Soweit die Darstellung des Jahresergebnisses unter Corona-Bedingungen. Vielen Dank!