Geschichte der Gablonzer Industrie

Alles Neue ist ein Abenteuer - die Synthese von Schmuck und Mode

In Nordböhmen, genauer in Gablonz an der Neiße, liegt der Ursprung für ein neues Verständnis von Schmuck und dessen Produktion. In Gablonz glaubte man nicht, daß schöner Schmuck sich nur aus wertvollen, teuren Rohstoffen herstellen ließe und beschritt neue Wege:

Das freie Kombinieren von Glas, Kunststoff und unedlen Metallen machte einen unvorstellbaren Reichtum an Farben, Formen und Dekors möglich. Schmückendes und Modisches sind eine stürmische Synthese eingegangen, und die Gablonzer Industrie ist seitdem die treibende Kraft.



Gablonzer Waren erobern die Welt

Die Glaswarenerzeugung im Böhmen des 16. Jahrhunderts lieferte den Nährboden für die Verbindung von schöpferischem Willen und handwerklichem Können. Qualitäten, die im ehemals deutsch besiedelten Nordböhmen und speziell in Gablonz an der Neiße besonders hoch entwickelt waren. Nur so lässt sich der rasche Aufstieg eines neuen Industriezweiges erklären, der sich mit Fleiß, Geschick und Ideenreichtum der Produktion von Modeschmuck und Accessoires der besonderen Art widmet.

Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts erfasste die Faszination des Gablonzer Schmucks Menschen in allen Teilen der Erde. Glasperlen, Strass, Cabouchons, Colliers, Broschen, Ohrbehänge - die schöpferische Kraft der Gablonzer Kunsthandwerker war grenzenlos. Ein Verkaufsschlager der Jahrhundertwende waren Bangles, Armreifen aus Glas. Sie wurden in unvorstellbaren Mengen mit der "Gablonz", einem Linienschiff des österreichischen Lloyd, auf der Strecke Triest-Bombay nach Indien gebracht.

Mit diesem und einer Vielzahl anderer Erzeugnisse avancierte die Gablonzer Industrie zum wichtigsten Wirtschaftsfaktor Böhmens. Dem Netzwerk der Gablonzer Industrie gehörten unterschiedlichste Handwerks- und Industriebetriebe, aber auch Dienstleister und viele bedeutende Handelshäuser an. Im Jahr 1938 waren dies über 4.000 Unternehmen.



Wie Phönix aus der Asche - Neubeginn nach 1945

Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurden die Menschen der Gablonzer Industrie aus ihrer nordböhmischen Heimat vertrieben. Das einzige, was sie mitnehmen konnten, waren ihr handwerkliches Geschick, ihre industrielle Kultur und ihr kaufmännisches Wissen.

Damit wagten sie einen Neuanfang. Auf Initiative einiger mutiger und vorausschauender Männer fanden sich Gablonzer Unternehmer im Freistaat Bayern zusammen. In einem Stadtteil von Kaufbeuren, der später Neugablonz benannt wurde, gründeten sie in den Trümmern einer Munitionsfabrik ihre Industrie neu. Es siedelten sich Facharbeiter an, bestehende Kundenbeziehungen wurden wieder aufgenommen und neue geknüpft. Die Drehscheibe für Gablonzer Schmuck kam wieder in Bewegung. Heute ist die Gablonzer Industrie weltweit der größte Verbund Modeschmuck herstellender Betriebe.

Nahe den Allgäuer Alpen und dem Schloss Neuschwanstein, dem Prachtbau des Märchenkönigs Ludwig II., öffnet sich für Einkäufer ein lebendiges Netzwerk aus Kleinbetrieben mit Weltmarkterfahrung und langer Tradition. Die variantenreiche und breite Angebotspalette umfasst Modeschmuckerzeugnisse und Accessoires sowie eine Vielzahl anderer Halb- und Fertigwaren. Mit einem Gesamtumsatz von ca. 260 Mio. Euro (2007) ist die Gablonzer Industrie ein bedeutender Faktor im touristisch und landwirtschaftlich geprägten Allgäu.



In allen Erdteilen präsent

Gablonzer Schmuck wurde seit jeher in die ganze Welt exportiert. Bereits um die Jahrhundertwende war Asien und hier insbesondere Indien ein wichtiger Handelspartner. Auch mit Abnehmern in Afrika und Südamerika wurden damals bedeutende Umsätze erzielt. Heute werden über 40 % der Gablonzer Erzeugnisse außerhalb Deutschlands abgesetzt.

An der Spitze der Abnehmerregionen steht Asien, dessen verschiedene nationale Märkte vorwiegend über die Drehscheibe Hongkong bedient werden. Innerhalb Asiens ist Nachfrage nach Gablonzer Erzeugnissen in China am größten. Insgesamt bietet der asiatische Markt der Gablonzer Industrie ausgezeichnete Wachstumsperspektiven.

Weitere bedeutende Märkte seit jeher sind das europäische Ausland und die USA. Um die Exporterfolge zu festigen und weitere ausländische Märkte zu erschließen, präsentiert sich die Gablonzer Industrie regelmäßig auf den wichtigsten internationalen Messen - unter anderem in Hongkong, in Mailand und auf Menorca.